1. Mai 2004

Eine nicht alltägliche Anfrage ging bei unserem Präsi ein: Herr Dr. Heinrich Vicentini, Fisch- und Gewässerökologe aus Zürich, fragte an, ob wir vom Tauchclub ein paar Taucher zur Verfügung stellen könnten um im Stampf ein paar Grossmuscheln vor den Baggern zu retten.
Natürlich nahmen wir den interessanten Auftrag an und ein paar Telefonate und Emails später stand fest, wer Zeit und Lust dazu hatte: Peter, Yvonne, Roger und ich trafen uns mit Herrn Vicentini am Samstag, 1. Mai um 10.00 Uhr im Grünfeld. Herr Vicentini erläuterte uns in einem kurzen, lehrreichen und interessanten Vortrag, nach was wir eigentlich zu suchen hatten: Grossmuscheln! So was gibt es im Zürichsee?

Wir staunten nicht schlecht, als er uns die Sammlung der in der Schweiz vorkommenden Teich- und Flussmuscheln (Unionidae, auch Grossmuscheln oder Najaden genannt) zeigte (siehe Link am Ende des Textes)! Die grössten Exemplare – die „Gemeine Teichmuschel oder Schwanenmuschel (Anodonta cygnea)“ – kann bis zu 25cm gross werden! Die meisten Arten sind gemäss der „Roten Liste Schweiz“ vom Aussterben bedroht oder gefährdet. Grund genug also, den existierenden Exemplaren sorge zu tragen…

Nachdem wir alles über Aufbau, Ernährung, Fortpflanzung, Fortbewegung und Verbreitung der Grossmuscheln erfahren haben, schritten wir zur Tat. Zusammen mit Herr Vicentini begaben wir uns in die neue Hafenanlage im Stampf. Auf einem Situationsplan (siehe Fotoalbum) erläuterte er uns die Situation vor Ort. Im Zusammenhang mit der neuen Hafenanlage muss die bestehende Schilfpopulation vor der Hafeneinfahrt aufgewertet und vergrössert werden, damit der Hafen bei Föhn besser vor grossen Wellen aus Richtung Buchberg geschützt ist. Zu diesem Zweck muss der Bereich um die bestehenden Schilffelder aufgeschüttet und abgeflacht werden.

Wir fassten nun die Aufgabe, die im mit Bojen markierten Bereich befindlichen Grossmuscheln einzusammeln und sie an einem anderen Ort, welcher von den Bauarbeiten nicht tangiert wird, wieder auszusetzen.

Wir rüsteten uns aus und schleppten das Tauchgerödel vom Parkplatz bis an die Spitze der Hafenmole. Nachdem Peter einige Fragen des anwesenden Pressevertreters beantwortet hatte, konnte es losgehen. Die paar Meter bis zu den ersten Bojen legten wir schwimmend zurück. Peter und Yvi begannen ihre Suche im Gegenuhrzeigersinn, Roger und ich machten uns im Uhrzeigersinn auf den Weg. Obwohl wir uns in Tiefen von max. 4m bewegten, war die Sicht mittelmässig. Aber es war hell, da mittlerweile auch die Sonne etwas durchdrückte. Nachdem wir die ersten Bojen ohne Sucherfolg erreicht hatten, änderte sich dies schlagartig auf dem Weg zur zweiten Boje. In regelmässigen Abständen lugten da unförmige Gebilde aus dem Schlick, deren Öffnungen mit feinen Härchen bedeckt waren. Dazwischen gab es aber auch immer wieder Fehlgriffe – ganz Klumpen von Wandermuscheln und Schnecken waren ebenfalls anzutreffen. Wir sammelten ein, was wir konnten, denn schon die kleinste Bewegung über Grund führte zu einer undurchsichtigen Wolke aus Schwebeteilchen. Nachdem wir rundherum und mittendurch waren und der kalte See sich langsam bemerkbar machte, begaben wir uns wieder zurück Richtung Hafenmole. Dort trafen wir dann auch wieder auf Yvi und Peter, die beide ebenfalls einen ganzen Sack voll Muscheln an Land hievten.

Nachdem wir unser Tauchgerödel verstaut hatten, begutachteten wir unseren Fang. Nicht schlecht! Insgesamt fanden wir fast 80 Grossmuscheln, mehrere davon handflächengross. Wir nutzten die Gelegenheit, die Viecher aus der Nähe zu betrachten. Lustig, wie die Deckel auf und zu gingen und die Schalen sich bewegten, als alle aufgereiht auf dem Boden lagen. Hier und dort lugte ein Teil des Muscheltierchens raus. Vermutlich versuchten die armen Kerlchen sich wieder in ihre gewohnte, aufrechte Position zu begeben… Natürlich wollten wir die Muscheln nicht allzu sehr stressen, deshalb haben wir sie schnellstmöglich an der Südspitze des Strandbades wieder ausgesetzt. Auftrag erfüllt. Zufrieden begaben wir uns zurück ins Grünfeld auf einen Drink und einen kleinen Happen. Arbeiten macht hungrig…

Martin

Detailinformationen zu den Muscheln gibt es in diesem PDF: UnionidaeBUWAL2000